Das ausgedehnte Kellersystem unter der Pilsner Urquell Brauerei spielt eine entscheidende Rolle in der Geschichte des Bieres und unserer Stadt. Mit einer Länge von mehr als 9 Kilometern graben sich die Räume zwischen 12 und 22 Meter tief in die Erde unter Pilsen.
Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts hat sich die Stadt Pilsen über und unter der Erde ausgebreitet. Die kühlere Temperatur in den Kellern unter den Häusern war perfekt für die Lagerung von Nahrungsmitteln. Zusätzlich wurden sie als Wohnraum genutzt, Nachrichten wurden von Tunnel zu Tunnel weitergegeben und in Kriegszeiten dienten sie zur Verteidigung und Befestigung der Stadt. So wuchs mit der Zeit eine Stadt unter der Stadt.
Die Einwohner mit Braurecht verwendeten ihre Keller, um ihr Bier zu brauen und zu lagern. Als die Pilsener Bürger im Jahr 1839 einen geeigneten Standort für das neue „Bürgerliche Bräuhaus“ suchten, spielte der Sandsteinboden am Südufer des Radbuza Flusses eine wichtige Rolle. Denn die Keller sind entscheidend für die Herstellung des Bieres.
Der Bau der Keller begann 1839 kurz vor Errichtung der neuen Brauerei. Als das „Bürgerliche Bräuhaus“ 1842 seine Produktion aufnahm, startete es mit einer Kapazität von 7000 Hektolitern und lagerte sein Bier in großen hölzernen Fässern in den Kellern. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden die Keller anschließend immer wieder erweitert – so entstand nach und nach unter der Stadt ein wahres Labyrinth.
Mit ihrer Erweiterung entwickelten die Keller auch ihre ganz eigene Persönlichkeit: die Arbeiter, die die Tunnel von Hand gruben, verewigten sich mit ihren Unterschriften und schufen kleine Kunstwerke. Das berühmteste ist eine bemalte Schnitzerei des „Kellerteufels“.
Es war entscheidend, eine gleichmäßig kühle Temperatur in den Kellern zu halten – denn wurde es zu warm, verdarb das Bier … Um diese konstante Temperatur zu erreichen, wurde eine riesige Halle gebaut, die man „der Kühlschrank“ nannte. Er wurde mit großen Eisblöcken gefüllt, die die einströmende Luft kühlten und kaltes Wasser durch die Rinnsteine in den Kellern fließen ließ. Wenn der nahe gelegene Radbuza Fluss im Winter zufror, holte man sich von dort das Eis für die Kühlhalle. Auf dem Gelände oberhalb der Keller spendeten dutzende Linden- und Kastanien-Bäume im Sommer Schatten und kühlten so die Luft zusätzlich. Ein künstliches Kühlsystem wurde erst 1885 in den Kellern installiert.
Die riesige Menge Erde, die bei der Erweiterung der Keller an die Oberfläche gebracht wurde, diente zur Befestigung des Hügelhangs. Auf ihm steht noch heute der berühmte, 1907 gebaute Wasserturm der Brauerei.
Durch den technologischen Fortschritt wurde zunehmend künstlich erzeugte Kälte beim Produktionsprozess eingesetzt. Stahltanks ersetzten nach und nach die großen Holzfässer und immer weniger Bier wurde in den Kellern gebraut – der Platzbedarf sank. Doch die historische „Unterwelt“ erfüllt bis heute einige nützliche Funktionen …
Seitdem wir die Stahltanks verwenden, vergleichen wir unser Bier stets mit einer in den Holzfässern gebrauten Charge. So stellen wir sicher, dass der Geschmack des Pilsner Urquells der selbe ist wie vor über 170 Jahren. Bei diesem „parallelen Brauverfahren“ verlassen wir uns auf die Erfahrung früherer Braumeister und ausgewählter Angestellter, die jede Charge testen.
Seit 1997 können auch Besucher der Brauerei die Keller besichtigen und das unpasteurisierte, unfiltrierte Bier direkt aus den riesigen Holzfässern probieren. Es schmeckt noch genau so gut und unverfälscht, wie es 1842 schon unser erster Braumeister Josef Groll genossen hat. Heute servieren wir in den zwei, vor einigen Jahren eingerichteten „Salanda“ Sälen unseren Gästen traditionelle tschechische Bier-Snacks. Und – natürlich – frisches Pilsner Urquell vom Fass!
Die kühlen Keller und Tunnel spielten also eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Braukunst im 19. Jahrhundert. Was als ein Bereich unter der Stadt begann, wurde zu einem zentralen Punkt bei der Herstellung und Reifung des Bieres. Noch heute bekommt Ihr bei einem Besuch einen Eindruck von der Größe der Keller und wie sie bereits vor Jahrhunderten aussahen. Und noch heute spielen sie durch das „parallele Brauverfahren“ eine wichtige Rolle für uns, um den einzigartigen Geschmack unseres Bieres sicherzustellen. Pilsen ist eine Stadt mit jeder Menge Geschichte unter der Oberfläche.